Haus am Schopfacker
2017
Trogen | Schweiz
Das beste Einfamilienhaus der Schweiz 2019 | Nominierung
Häuser des Jahres 2019 | Anerkennung
Vorarlberger Holzbaupreis 2019 | Preisträger
Bauaufgabe: Mehrfamilienhaus in nationaler Schutzzone
Bauherrschaft: privat
Auftrag: Studienauftrag 1. Rang, Realisierung in zwei Etappen
Architektur: bernardo bader architekten
Mitarbeit: Joachim Ambrosig (PL), Philipp Bechter
Generalunternehmung: Alpina Hausbau
Foto: Adolf Bereuter
Nutzfläche: 370 m² (1. Etappe) und 360 m² (2. Etappe)
Energie: großer Kaminofen, Erdwärmepumpe mit Tiefensonde; 25 kWh/m²a
Struktur: Kernzonen aus Beton, Holzelementbau für hochwärmegedämmte Außenbauteile
Ein hölzerner Schlussstein
Die auffällige landschaftliche Lage des Dorfes Trogen im kräftigen Relief des Appenzells forderte seit jeher eine kompakte Siedlungsform. Der Ort wird durch stattliche Gebäude geprägt. Häuserzeilen mit meistens dicht aneinandergereihten, hohen Wohnhäusern richten sich nach den einfachen Gesetzmäßigkeiten einer optimalen Besonnung je nach steil ansteigender oder fallender Lage. So fällt in einem kleinen Dorf ein neues Haus schnell auf. Besonders, wenn es ein niedergebranntes Bauernhaus in einer Ortsbildschutzzone von nationaler Bedeutung ersetzt.
Das Handelsgeschlecht der Zellweger führte das Dorf ab dem 17. Jahrhundert zu Wohlstand. Beziehungen nach Lyon, Genua und Barcelona inspirierten sie zu prächtigen Palastbauten, die Trogen noch heute prägen. Enge Gassen und ein dichter Dorfkern lassen einen fast vergessen, dass man in der Schweiz ist.
Das Haus am Schopfacker wächst aus der Tradition einer historischen Ordnung heraus, welche viele Ortsbilder im Appenzell prägen. Seine architektonische Formensprache nimmt eindeutigen Bezug zum traditionellen, großbürgerlichen Wohnen auf. Der Neubau mit der Einliegerwohnung im Erdgeschoss übernimmt die bauliche Körnung der Umgebung und wird als selbstbewusster Solitär an der Stelle positioniert, wo einst das Bauernhaus gestanden ist und markiert fortan wieder eine Art „Schlussstein“ am östlichen Dorfrand.
Zunächst hebt sich das Zweifamilienhaus mit seiner massiven Holzkonstruktion, die sich plastisch als Relief zeigt, von den Nachbarn ab. Die aufmerksame Betrachterin aber erkennt die Gemeinsamkeiten mit den Häusern der Zellweger: die hohe Gestalt, ähnliche Proportionen und das allseitige Walmdach spinnen die Dorfstruktur weiter. Bedeutsam für unsere Arbeit war, dass wir uns nicht nur formal auf die Paläste beziehen, sondern jene in deren Tradition weiterführen. Ziel ist ein bürgerliches Wohnen in einem Haus, das nicht in der Vergangenheit verharrt, sondern neue Anforderungen aufnimmt.
Die Brücke zwischen Alt und Neu findet im Innern ihren Höhepunkt. Die holzverkleideten Wände erinnern an alte Stuben, der offene Wohnraum, der Betonkern und die eingeschobene Loggia entsprechen heutigen Wohnstandards. Das oberste Geschoss ist gleichzeitig gemütliche Holzstube und lichtdurchfluteter Wohnraum. Jedes Möbel und Kunstwerk, ob aus der Renaissance oder der Moderne, hat seinen Platz. Vom Wohnzimmer betrachtet der Bewohner das Dorf, ein Panoramafenster in der Küche lässt den Blick übers Tal bis zum Bodensee schweifen.
Hinter dem reduzierten Holzkörper steckt ein kritischer Umgang mit historischen Vorbildern. Das neue Haus ersetzt den Vorgängerbau selbstbewusst und dennoch im Dialog mit seinen Nachbarn. Ganz im Sinne der Zellweger eben.